


„Bildhauermalerei“ nennt die Landauer Bildhauerin Madeleine Dietz seit 2022 ihre jüngsten Arbeiten. Es sind Arbeiten, die sich nicht mehr auf den Bereich des Skulpturalen begrenzen, sondern ihn mit der Malerei verknüpfen. Bei den Bildhauermalereien von Madeleine Dietz geht es um etwa anderes als Entwürfe, es ist eigenständige Malerei mit Erde und Pigment von verbrannten Weinreben aus denen ganz konkrete Bilder entstehen. Und dennoch geht es auch im selben Moment um einen elementaren Zusammenhang von Bildhauerei und Malerei, der auf eine enge Verbindung zwischen beiden Arbeitsformen hinweist.
In ihren skulpturalen Arbeiten arbeitet Dietz seit Jahrzehnten kontinuierlich fortschreitend mit dem Kontrast von Erde und Stahl in vielerlei Variationen. Stahl symbolisiert dabei ein kaltes, glattes und konstruktives Element, während Erde dem als gebrochenes, unebenes, aber lebendiges Prinzip gegenübergestellt wird. Diese Kontraste entlassen je nach Konstellation immer neue Lesarten, von der Entgegensetzung und Ergänzung von Kultur und Natur, von Zivilisation und Verfall. Ein weiteres Element, das bei den skulpturalen Arbeiten von Dietz immer wieder eine Rolle spielt, ist das Licht, das unter den geschichteten oder gestreuten Erdbrocken wie eine elementare Urkraft hervorbricht.
Die hier vorzustellenden „Bildhauermalereien“ sind ohne diese skulpturalen Arbeiten von Dietz kaum zu denken – ohne dass sie Entwürfe zu diesen wären oder malerische Nach-Gedanken. Denn sie schaffen eigenständige, aus sich selbst heraus verständliche Bild-Räume, die ebenso wie die skulpturalen Arbeiten von einem elementaren Kontrast leben. Nur dass es hier der dunkle Ton Pigmente der verbrannten Rebenhölzer (eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit) ist und dort der glänzende Stahl, während in beiden Fällen die Erde als Kontrastmedium dient. Die jeweiligen Anordnungen könnte man aber so verstehen, dass sie aufeinander verweisen: die Skulpturen helfen einem, die Malereien besser zu verstehen und die Malereien den Skulpturen auf den Grund zu gehen.
In den „Bildhauermalereien“ erscheint eine eigene Welt vor uns, oft ein dunkler Kosmos, mit angedeuteten lichten Öffnungen, manchmal sind sie verstellt, manchmal erscheinen sie zum Durchschreiten einzuladen. Wir sehen keine naturalistischen Bildwelten vor unseren Augen, es ist und bleibt – wie für die gesamte Arbeit von Madeleine Dietz charakteristisch – konkrete Kunst, ganz an den Materialien orientiert, auch im Medium der Malerei. Während aber die skulpturalen Arbeiten sich im dreidimensionalen Raum ergehen, verbleibt die Bildhauermalerei notwendig im Zweidimensionalen und mutet es den Betrachter:innen zu, die Tiefe in der Wahrnehmung zu erschließen, sie müssen sich in die Malerei hineinbegeben. Dabei ist auch bei den Bildhauermalereien die Materialität geradezu mit Händen zu greifen. Man möchte mit den Fingern über die raue Oberfläche der Leinwand fahren, die Kontraste ertasten. Dann tritt man einen Schritt zurück und es erscheint eine ganze Geschichte vor einem, man möchte – Faust gleich – eine Geschichte imaginieren, von dem was doch im Bild zwischen Erde und schwarzem Pigment verborgen ist. Andreas Mertin , Hagen
Bildhauermalerei ab 2022